In jüngster Zeit verleihen Bibliotheken zunehmend nicht nur Medien und die zugehörigen Abspielgeräte, sondern auch andere Gegenstände. Wenn Sie in Ihrer Bibliothek Produkte zum Verleih anbieten möchten, die nicht in den Bereich der Medien fallen, empfehlen wir Ihnen vorab einen Blick auf die häufigsten Fragen und Antworten zum Thema zu werfen. Aus rechtlicher Perspektive gibt es hier einige Punkte, die zu beachten sind.
Haftungsausschluss: Die Informationen auf dieser Seite wurden zwar sorgfältig und in Absprache mit einem Rechtsanwalt erstellt, diese ersetzen aber keine vollwertige Rechtsberatung.
Anmerkung vorab: Verleih ist die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung von Gegenständen. Wird dafür ein Entgelt verlangt, spricht man von Miete.
Der Verleih von Gegenständen, also die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung, unterliegt grundsätzlich keinen gesetzlichen Beschränkungen, ein Leihvertrag kann quasi über jede unverbrauchbare Sache abgeschlossen werden. Organisationen üben jedoch ihre Tätigkeit auf Basis ihrer Rechtsgrundlage (Statuten, Satzungen, Gesellschaftsvertrag et cetera) aus, die nähere Regelungen zum Zweck und insbesondere zur Tätigkeit der Organisation enthalten. Hier gilt: Die Rechtsgrundlage muss alle Tätigkeiten („ideelle Mittel“) abschließend nennen. Tätigkeiten, die nicht genannt sind, dürfen nicht ausgeübt werden. Ist daher der Verleih von Gegenständen nicht in der Rechtsgrundlage genannt, darf die Tätigkeit nicht ausgeübt werden.
Die Form der Trägerschaft ist nicht relevant, wichtig ist, was in der jeweiligen Rechtsgrundlage (ggf. auch Betriebsordnung) festgelegt ist. Ist in der Rechtsgrundlage nur der Verleih von Medien genannt, so scheidet der Verleih von anderen Gegenständen aus. Jene Personen, die für die Organisation – entgeltlich oder unentgeltlich – tätig werden, müssen sich an die Rechtsgrundlage halten. Ein Verstoß dagegen kann zu internen Konsequenzen (im Anstellungsverhältnis bis hin zu einer Kündigung) führen. Möchte man daher eine „Bibliothek der Dinge“ eröffnen, sollte das jedenfalls mit dem Träger der Bibliothek abgeklärt werden.
Die Bindung der Tätigkeit einer Organisation an ihre Rechtsgrundlage gilt natürlich auch – sogar noch etwas strenger – für gemeinnützige Organisationen, wobei hier ein Verstoß gegen die Rechtsgrundlage sogar zum Verlust der Gemeinnützigkeit (und damit zum Verlust abgabenrechtlicher Begünstigung) führen könnte. In den Musterstatuten Gemeinnützigkeit für Bibliotheken ist bloß der „Verleih von Büchern, Zeitschriften und sonstigen Medien in physischer sowie in digitaler Form“ genannt, somit dürfen auf Basis dieser Rechtsgrundlage nur Medien – ggf. wäre noch an Gegenstände zu denken, die für die Verwendung von Medien benötigt werden (bspw. Abspielgeräte, E-Reader und andere Hilfsmittel) – verliehen werden. Völlig andere Gegenstände dürfen jedoch nicht verliehen werden. Der Verleih von anderen Gegenständen fällt zwar nicht unter den Zweck der Volks- und Weiterbildung, dennoch erscheint es aus unserer Sicht nicht ausgeschlossen, den Verleih von Gegenständen (Betrieb einer „Bibliothek der Dinge“) in die Rechtsgrundlage aufzunehmen.
Die Haftung des Verleihers ist nach den für die Schenkung geltenden Grundsätzen zu beurteilen, was bedeutet, dass der Verleiher nur für Vorsatz haftet. In der Regel kann nämlich angenommen werden, dass die Parteien die Haftung für bloß fahrlässiges Verhalten ausschließen wollen, schließlich handelt es sich um einen unentgeltlichen Vertrag. Eine Haftung des Verleihers kann sich allerdings aus der Verletzung von Schutzpflichten ergeben, so wenn er die entlehnende Person über die Gefährlichkeit einer Sache nicht aufklärt. Ob eine Haftung in Frage kommt, ist daher von der Art und Gefährlichkeit der Sache abhängig, der Verleiher sollte aber jedenfalls sichergehen, dass die entlehnende Person ausreichend Kenntnis über den – richtigen und sicheren – Umgang mit der Sache hat. Hier kann auch das Alter der Person eine Rolle spielen, denn bspw. der Verleih einer Bohrmaschine an einen Erwachsenen wird weniger problematisch sein als ein Verleih an einen Jugendlichen ohne Erfahrung. Eine strafrechtliche Haftung wird wohl in aller Regel ausscheiden, hier müsste schon eine besondere Sachverhaltskonstellation bestehen, dass an eine strafrechtliche Haftung zu denken wäre.
In erster Linie haftet einmal die Organisation (bspw. der Verein oder die Gemeinde). Die Organisation könnte aber Regressansprüche gegen die handelnden Personen geltend machen, dies insbesondere dann, wenn die handelnde Person gegen die Rechtsgrundlage (Statuten, Satzungen et cetera) oder andere Sorgfaltspflichten verstoßen hat. Abhängig von der Art des Gegenstandes wird auch eine Einschulung notwendig sein – wie bereits ausgeführt, sollte sich der Verleiher jedenfalls vergewissern, dass die entlehnende Person über ausreichend Kenntnis über den richtigen und sicheren Umgang mit der entliehenen Sache verfügt.
Ein offenkundig schadhafter Gegenstand darf nicht verliehen werden. Ob und welche Pflichten zur Wartung den Verleiher treffen, ist abhängig von der entliehenen Sache. Beim Verleih eines Autos würde den Verleiher jedenfalls die Pflicht treffen, regelmäßige Überprüfungen des Fahrzeugs vorzunehmen – wenn er das nicht selbst machen kann (was wohl beim Auto der Fall ist), wird er professionelle Hilfe beiziehen müssen. Gegenstände des täglichen Gebrauchs werden keiner besonderen Wartungspflicht unterliegen, hier wird es ausreichen, wenn der Verleiher oberflächlich die Funktionstüchtigkeit des Gegenstandes überprüft. Wurde der Verleiher jedoch über Fehler oder Mängel am Gegenstand informiert, so wird er den Gegenstand reparieren müssen – oder ihn aus dem Verkehr ziehen.
Wie dargelegt, haftet nach außen zunächst einmal der Träger der Bibliothek – also der Verein, die Pfarre oder die Gemeinde. Im Innenverhältnis stellt sich dann die Frage, ob eine Person die sie treffenden Pflichten verletzt hat. Ist also klar geregelt, dass eine bestimmte Person für den Verleih zuständig ist (und damit auch für die Wartung der Gegenstände und die Überprüfung der Funktionstüchtigkeit), dann kommen hier Regressansprüche gegen diese Person in Frage. Im Zweifel trifft diese Pflicht wohl die Bibliotheksleitung, da diese sichergehen muss, dass keine Gefahr von der Bibliothek ausgeht. Es ist daher jedenfalls zu empfehlen, eine klare Zuständigkeit zu schaffen und zu regeln, wie mit den Verleihgegenständen umgegangen wird (Prüfung der Funktionstätigkeit vor und nach jedem Verleih, kurzes Gespräch mit der entlehnenden Person zur Sicherstellung ihrer Kenntnis, abhängig von den Gegenständen eine regelmäßige fachmännische Wartung).
Grundsätzlich haftet die Bibliothek nur für vorsätzliches Handeln – diese Haftung kann nicht ausgeschlossen werden. Um allfällige Zweifel über den Umfang der Haftung zu vermeiden, kann hier eine Vereinbarung mit der entlehenden Person abgeschlossen werden. In einer solchen Vereinbarung könnte klar geregelt werden,
- dass die Haftung auf vorsätzliches Handeln eingeschränkt wird,
- dass die entlehnende Person versichert, über ausreichend Kenntnis über den richtigen und sicheren Umgang mit dem Gegenstand zu verfügen und sich daran halten wird, und
- dass sie natürlich den Gegenstand nicht mehr verwenden darf, sollten während dem Betrieb Störungen oder Mängel auftreten.
Wie gesagt, sollte – abhängig vom Gegenstand – eine zusätzliche Aufklärung, vielleicht sogar Einschulung, erforderlich sein, dann sollte auch das kurz dokumentiert werden.
Der schlichte Verweis auf „Nutzung auf eigene Gefahr“ erscheint etwas dürftig, er kann jedenfalls nicht dazu führen, dass der Verleiher völlig von seinen Pflichten (Prüfung der Funktionstüchtigkeit des Gegenstandes; Einschulung, wenn erforderlich) befreit wird.
Eine Versicherung, die für den Bibliotheksbetrieb abgeschlossen ist, wird wohl in der Regel keine Schäden abdecken, die sich aus dem Betrieb einer „Bibliothek der Dinge“ ergeben, noch dazu, wenn diese Tätigkeit nicht einmal in der Rechtsgrundlage der Organisation genannt ist. Die Versicherung würde wohl im Schadensfall eine Haftung mit der Begründung ablehnen, dass der Verleih von „bibliotheksfremden“ Gegenständen nicht zum Betrieb einer Bibliothek gehört und daher nicht von der Versicherungsdeckung umfasst ist. Will man sich daher hier absichern, sollte der Kontakt zur Versicherung hergestellt und diese Frage abgeklärt werden. Da jedoch der Verleih unterschiedlicher Gegenstände mit zumindest einem gewissen Haftungsrisiko verbunden ist, wäre wohl eine Aufnahme und Deckung dieser Tätigkeit mit einer Erhöhung der Prämie verbunden. Diese Frage wird aber von der individuellen Versicherung abhängig sein.
Anwaltliche Beratung durch: Mag. Maximilian Kralik, Rechtsanwalt und Kooperationspartner der Kanzlei Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte